Herzgesund trainieren – aber wann?

Regelmäßige Bewegung schützt das Herz – doch spielt auch die Tageszeit eine Rolle? Eine groß angelegte Beobachtungsstudie des Leiden University Medical Centre zeigt: Wer am Vormittag aktiv ist, senkt sein Risiko für Herzerkrankungen und Schlaganfälle deutlich. Besonders bei Frauen war der Effekt auffällig stark. Die Erkenntnisse werfen ein neues Licht auf die optimale Trainingszeit für ein gesundes Herz – unabhängig von Chronotyp und Trainingsdauer.

Das Wichtigste in Kürze

  • Vormittagssport senkt Herzrisiken: Aktivität zwischen 8 und 11 Uhr reduziert das Risiko für Herzerkrankungen und Schlaganfälle am deutlichsten.
  • Frauen profitieren besonders stark: Bei ihnen sinkt das Risiko für koronare Herzkrankheiten um bis zu 24 % und für Schlaganfälle um 35 %.
  • Unabhängig vom Chronotyp: Egal ob „Lerche“ oder „Eule“ – die Ergebnisse gelten für alle.
  • Langzeitdaten belegen Wirkung: Über 86.000 Personen wurden bis zu acht Jahre lang beobachtet.
  • Weitere Forschung geplant: Die Daten liefern klare Hinweise, aber noch keine abschließende Empfehlung.

Wann ist Sport am besten fürs Herz?

Die beste Zeit für Sport zur Förderung der Herzgesundheit ist laut Studie der Vormittag – insbesondere zwischen 8 und 11 Uhr.

Herzgesund trainieren – aber wann?
Herzgesund trainieren – aber wann?

Morgendliche Bewegung wirkt besonders herzschützend

Die umfangreiche Nachbeobachtungsstudie der niederländischen Forschenden kam zu einem klaren Ergebnis: Die Herzgesundheit profitiert besonders stark von Bewegung am Vormittag. Im Untersuchungszeitraum von sechs bis acht Jahren zeigten sich die niedrigsten Erkrankungsraten bei jenen Probanden, die sich zwischen 8 und 11 Uhr am meisten bewegten. Dabei war es unerheblich, wie lange insgesamt trainiert wurde. Entscheidend war der Zeitpunkt der Aktivität.

Lesen Sie auch:  Diesen Effekt hat Semaglutid laut einer Studie aufs Herz

Die höchste Schutzwirkung trat also nicht bei Menschen auf, die besonders lange oder besonders intensiv Sport machten, sondern bei denen, die ihren Sport in den Morgenstunden absolvierten. Die Analyse berücksichtigt zudem, dass alle Teilnehmer zu Beginn herzgesund waren. Damit ist der positive Einfluss auf die Prävention besonders aussagekräftig. Selbst bei unterschiedlich ausgeprägter Aktivität insgesamt blieb der Morgen als vorteilhaftester Zeitraum bestehen.

So lief die Untersuchung im Detail ab

Für die Studie wurden Gesundheitsdaten aus der UK Biobank genutzt. Die insgesamt 86.657 Teilnehmenden waren zwischen 42 und 78 Jahre alt und zum Studienstart herzgesund. Sie trugen sieben Tage lang einen Aktivitätstracker am Handgelenk. Dieser zeichnete auf, wann und wie intensiv sie sich bewegten. Im Anschluss analysierten die Forschenden die Daten in einem Zeitraum von bis zu acht Jahren.

Ziel war es herauszufinden, wer in dieser Zeit eine koronare Herzkrankheit oder einen Schlaganfall entwickelte – und in welchem Zusammenhang dies mit den gemessenen Aktivitätsmustern stand. Die Forscher achteten dabei auch auf andere Gesundheitsdaten, um ein möglichst realistisches Bild zu erhalten. Der Fokus lag auf der zeitlichen Verteilung der Bewegung – also: Wann ist Sport besonders wirksam zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen?

Aktiv am Morgen: Geringeres Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall

Die Studienergebnisse zeigen eine deutliche Korrelation zwischen Aktivitätszeitpunkt und Herzgesundheit. Probanden mit hoher Aktivität am frühen Morgen oder Vormittag hatten ein signifikant geringeres Risiko für koronare Herzkrankheiten. Im Vergleich zur Referenzgruppe, die überwiegend mittags aktiv war, lag das Risiko um 11 Prozent (früher Morgen) bzw. 16 Prozent (später Vormittag) niedriger.

Lesen Sie auch:  Warum Frauen häufiger an einem Herzinfarkt sterben als Männer

Auch das Schlaganfallrisiko sank – um 17 Prozent bei regelmäßiger Aktivität am Vormittag. Die Forscher teilten die Probanden in vier Gruppen ein: Sport am frühen Morgen (8 Uhr), am späteren Vormittag (10 Uhr), mittags (Referenzgruppe) und abends (19 Uhr). Die besten Ergebnisse zeigten sich in den ersten beiden Gruppen. Diese Erkenntnisse stützen die Hypothese, dass der zirkadiane Rhythmus des Körpers – also die innere Uhr – eine Rolle spielt. Offenbar reagiert der Körper am Morgen besonders günstig auf sportliche Reize.

Tabelle: Aktivitätszeitpunkt & Herzrisiko

Uhrzeit der Aktivität Risiko koronare Herzkrankheit Risiko Schlaganfall
Früh morgens (8 Uhr) –11 %
Vormittags (10 Uhr) –16 % –17 %
Mittags (Referenz) 0 % 0 %
Abends (19 Uhr) Keine signifikante Senkung Keine signifikante Senkung

Frauen profitieren besonders stark vom Vormittagstraining

Ein bemerkenswerter Befund der Studie ist die geschlechtsspezifische Wirkung. Bei Frauen war der Zusammenhang zwischen Tageszeit und Herzgesundheit noch ausgeprägter als bei Männern. Jene Teilnehmerinnen, die morgens oder am späten Vormittag aktiv waren, reduzierten ihr Risiko für koronare Herzkrankheiten um bis zu 24 Prozent.

Das Risiko für einen Schlaganfall sank sogar um 35 Prozent. Warum dieser Effekt bei Frauen so stark war, ist noch unklar. Möglicherweise spielen hormonelle Einflüsse eine Rolle. Auch der Unterschied im Bewegungsverhalten zwischen den Geschlechtern könnte eine Ursache sein. Diese Beobachtung gilt jedoch unabhängig von Alter, Gewicht oder täglicher Aktivitätsmenge. Das macht die Erkenntnisse besonders bedeutsam für Präventionsmaßnahmen bei Frauen.

Unabhängig vom Chronotyp: Morgens ist besser

Ob jemand eher ein „früher Vogel“ oder eine „Nachteule“ ist, hatte laut Studie keinen Einfluss auf die positiven Effekte der morgendlichen Aktivität. Die Ergebnisse waren in allen Chronotypen konsistent. Das bedeutet: Auch Menschen, die sich selbst nicht als Morgenmenschen bezeichnen, profitieren von früher Aktivität. Die körperliche Anpassungsfähigkeit scheint also über den subjektiven Biorhythmus hinauszugehen.

Lesen Sie auch:  Viele Todesfälle weltweit sind auf ungesunde Ernährung zurückzuführen

Für die Forschung ist das eine wichtige Erkenntnis, denn viele Empfehlungen richten sich oft nach individuellen Vorlieben. In diesem Fall jedoch spricht alles für eine klare Empfehlung zugunsten des Vormittags. Besonders für Berufstätige oder chronisch Kranke könnten diese Daten wertvoll sein, um ihre Bewegungszeit gezielt zu planen. Die Aussagekraft der Studie wird zusätzlich dadurch gestützt, dass sie eine sehr große Teilnehmerzahl über einen langen Zeitraum hinweg berücksichtigt hat.

Weiterführende Forschung bleibt notwendig

Trotz der überzeugenden Ergebnisse betonen die Forschenden, dass noch weitere Studien nötig sind, bevor allgemeingültige Empfehlungen ausgesprochen werden können. Die bisherige Untersuchung ist eine Beobachtungsstudie. Sie zeigt zwar Korrelationen, aber keine eindeutigen Kausalitäten.

Das heißt: Zwar besteht ein Zusammenhang zwischen Aktivitätszeit und geringerer Krankheitsrate, aber andere Einflussfaktoren könnten ebenfalls eine Rolle spielen. Zudem sind die Ursachen für die besonders starken Effekte bei Frauen noch ungeklärt. Auch langfristige Trainingsstudien mit gezielter Intervention fehlen bislang. Dennoch liefern die bisherigen Ergebnisse bereits wertvolle Hinweise für Prävention und Gesundheitsförderung. Sie könnten langfristig auch in Empfehlungen der Herzstiftungen und Krankenkassen einfließen. Bis dahin bleibt Bewegung am Vormittag ein gut begründeter und potenziell besonders wirksamer Tipp.

Fazit

Sport am Vormittag wirkt sich besonders positiv auf die Herzgesundheit aus – das zeigen Langzeitdaten eindrucksvoll. Wer zwischen 8 und 11 Uhr aktiv ist, kann das Risiko für Herzkrankheiten und Schlaganfälle deutlich senken. Besonders Frauen profitieren stark. Die Ergebnisse gelten unabhängig vom Chronotyp oder Trainingsvolumen. Bewegung am Morgen könnte also ein neuer Schlüssel zur Prävention sein.

Mehr zeigen
Schaltfläche "Zurück zum Anfang"