Warum Frauen häufiger an einem Herzinfarkt sterben als Männer

Frauen sterben nach einem Herzinfarkt deutlich häufiger als Männer. Die Gründe dafür sind vielfältig: untypische Symptome, verspätete Hilfe und eine medizinische Forschung, die sich zu lange auf männliche Patienten fokussierte. Obwohl das Problem seit Jahrzehnten bekannt ist, ändern sich Denkweisen nur schleppend. Erst ein stärkeres Bewusstsein für geschlechtsspezifische Unterschiede in Symptomen und Versorgung kann Leben retten.

Das Wichtigste in Kürze

  • Häufig untypische Symptome wie Rückenschmerzen oder Übelkeit erschweren die Diagnose bei Frauen.
  • Frauen zögern länger, medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen – besonders im höheren Alter.
  • Sterblichkeitsrate nach Infarkt ist bei Frauen doppelt so hoch wie bei Männern, trotz vergleichbarer Risiken.
  • Medizinische Fehleinschätzungen sind bei weiblichen Patienten häufiger, insbesondere durch männliche Ärzte.
  • Gendermedizin wird vernachlässigt: Forschung und Lehre orientieren sich zu oft an männlichen Standards.

Warum sterben Frauen häufiger an einem Herzinfarkt als Männer?

Frauen sterben häufiger an einem Herzinfarkt, weil ihre Symptome oft unspezifisch sind, medizinisch zu spät oder falsch erkannt werden und sie selbst länger zögern, Hilfe zu holen.

Warum Frauen häufiger an einem Herzinfarkt sterben als Männer
Warum Frauen häufiger an einem Herzinfarkt sterben als Männer

Warnzeichen werden bei Frauen oft nicht erkannt

Viele Frauen erleben bei einem Herzinfarkt nicht die typischen Brustschmerzen, sondern eher diffuse Beschwerden wie Übelkeit, Rücken- oder Oberbauchschmerzen. Auch Atemnot, Angstzustände oder starkes Schwitzen können Hinweise sein – werden aber häufig als Magenprobleme, Stress oder Wechseljahresbeschwerden fehlgedeutet.

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Diese „stillen“ Symptome führen dazu, dass sowohl die Betroffenen als auch Ärzte oft keine sofortige Herzinfarkt-Diagnose stellen. Besonders kritisch: Viele Ärztinnen und Ärzte sind noch nicht ausreichend geschult, diese Unterschiede zu erkennen. Studien zeigen, dass weibliche Patienten schneller korrekt behandelt werden, wenn sie auf eine Kardiologin treffen. Das sogenannte „Yentl-Syndrom“ beschreibt, dass Frauen erst dann ernst genommen werden, wenn sie Symptome wie Männer zeigen. Es braucht ein Umdenken in der Ausbildung – und bei den Patientinnen selbst.

Frauen kommen später ins Krankenhaus

Eine der Hauptursachen für die hohe Sterblichkeit liegt in der späten medizinischen Versorgung. Studien zeigen, dass Frauen deutlich länger zögern, bevor sie bei Infarktsymptomen den Notruf wählen. Oft interpretieren sie die Beschwerden falsch oder wollen „nicht zur Last fallen“.

Bei älteren Frauen dauert es im Schnitt viereinhalb Stunden bis zur Einlieferung – zu lange, um verschlossene Gefäße effektiv zu öffnen und Herzschäden zu minimieren. Männer kommen deutlich schneller in die Klinik. Dieses Verhalten ist tief gesellschaftlich verankert: Frauen kümmern sich um andere, aber selten um sich selbst. Hier setzt Aufklärung an: Frauen müssen lernen, die Warnzeichen ernst zu nehmen und sofort zu handeln – für ihr eigenes Leben.

Deutlich höhere Sterberaten nach Herzinfarkten

Zahlen sprechen eine klare Sprache. Eine europäische Studie zeigte, dass zwölf Prozent der Frauen unter 55 innerhalb von 30 Tagen nach einem Herzinfarkt starben – bei Männern lag der Wert bei nur fünf Prozent. Auch wenn Risikofaktoren wie Bluthochdruck oder Diabetes berücksichtigt wurden, blieben die Unterschiede dramatisch.

Bei Patientinnen über 55 Jahren traten unerwünschte Komplikationen häufiger auf als bei Männern. Selbst bei vergleichbarem gesundheitlichem Zustand hatten Frauen mehr Infarkte und höhere Sterblichkeit. In Deutschland sterben jährlich rund 18.000 Frauen an einem Herzinfarkt – das ist jede zehnte Todesursache. Dieses Ungleichgewicht ist alarmierend und muss ernst genommen werden.

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Medizinische Forschung vernachlässigt Frauen

Die medizinische Forschung orientiert sich noch immer zu stark an männlichen Patienten. Medikamente werden überwiegend an Männern getestet, obwohl Frauen anders auf Wirkstoffe reagieren können. Auch in der Kardiologie gibt es nur wenige Lehrstühle für Gendermedizin. Dabei ist es längst belegt, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Frauen anders verlaufen.

Die Initiative „Frauenherzen schlagen anders“ der Deutschen Herzstiftung will genau darauf aufmerksam machen. Doch es braucht mehr: strukturelle Veränderungen in Forschung, Lehre und Versorgung. Gendermedizin darf kein Randthema mehr sein. Nur so lassen sich Versorgungsfehler systematisch beheben und lebensrettende Therapien besser an Frauen anpassen.

Altersbedingte Veränderungen werden verkannt

Mit zunehmendem Alter verändert sich das Herz von Frauen strukturell. Es wird kleiner, steifer und weniger elastisch. Die Pumpleistung wird zwar erhöht, doch das macht das Organ anfälliger. Viele Symptome – wie Erschöpfung oder Atemnot – werden als normale Alterserscheinungen abgetan.

Eine Herzschwäche bleibt daher oft lange unerkannt. Auch deshalb suchen viele ältere Frauen keine ärztliche Hilfe – sie vermuten hinter der Schwäche eine normale Altersentwicklung. Hinzu kommt, dass viele Frauen bereits Vorerkrankungen haben, etwa Diabetes oder Bluthochdruck. Diese erhöhen das Risiko zusätzlich. Eine frühzeitige Diagnostik ist entscheidend, wird aber häufig nicht angeboten oder zu spät eingesetzt.

Was sich ändern muss – in Medizin und Gesellschaft

Damit sich die Überlebenschancen von Frauen nach einem Herzinfarkt verbessern, braucht es tiefgreifende Veränderungen. Die medizinische Ausbildung muss geschlechtsspezifische Unterschiede konsequent vermitteln. Leitlinien müssen angepasst, Studien inklusiver gestaltet werden.

Aufklärungskampagnen wie „Frauen, achtet mehr auf Euer Herz!“ sind wichtige Impulse – reichen aber nicht aus. Auch die Patientinnen müssen sensibilisiert werden. Nur wenn Frauen lernen, ihre Beschwerden ernst zu nehmen und frühzeitig Hilfe zu suchen, lassen sich Todesfälle vermeiden. Die Gesellschaft muss aufhören, die Gesundheit von Frauen zu vernachlässigen. Denn Herzkrankheiten sind keine Männerkrankheiten – sie sind die häufigste Todesursache von Frauen in Deutschland.

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Fazit

Frauen sterben häufiger an Herzinfarkten, weil sie später Hilfe suchen, andere Symptome zeigen und medizinisch benachteiligt sind. Nur durch gezielte Aufklärung, Forschung und ein Umdenken in der Medizin kann sich das ändern. Herzinfarkte bei Frauen müssen genauso ernst genommen werden wie bei Männern – sofort, nicht erst nach dem ersten Alarmzeichen.

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