Haben Jahreszeiten einen Einfluss auf den Blutdruck?
Bluthochdruck ist ein stiller, aber gefährlicher Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Eine neue Studie zeigt nun: Der Blutdruck schwankt je nach Jahreszeit – und besonders im Winter steigt er messbar an. Für Betroffene bedeutet das: Eine regelmäßige Kontrolle und saisonal angepasste Maßnahmen sind essenziell. Gerade bei kälterem Wetter können schon kleine Veränderungen im Alltag helfen, gefährliche Werte zu vermeiden. Welche Rolle Temperatur, Gefäßreaktion und sogar Raumklima spielen, zeigen die aktuellen Forschungsergebnisse im Detail.
Inhaltsverzeichnis
🔹 Das Wichtigste in Kürze zu Bluthochdruck und Jahreszeiten
- Blutdruck steigt im Winter: Kalte Temperaturen verursachen eine Gefäßverengung (Vasokonstriktion), was zu erhöhten Blutdruckwerten führt.
- Studie mit über 60.000 Patienten: Analysen zeigen signifikante saisonale Schwankungen des systolischen Blutdrucks.
- Bis zu 1,4 mmHg Unterschied: Der systolische Blutdruck war im Sommer durchschnittlich niedriger als im Winter.
- Raumtemperatur wirkt ebenfalls: Schon 10 °C mehr im Raum können den systolischen Wert kurzfristig senken.
- Medikation saisonal abstimmen: Anpassungen im Lebensstil und gegebenenfalls in der Therapie sind im Winter besonders wichtig.
Hypertonie, besser bekannt als Bluthochdruck, gilt als der Hauptauslöser für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Laut dem Robert-Koch-Institut (RKI) führt Bluthochdruck weltweit jährlich zu mehreren Millionen Todesfällen. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass Betroffene frühzeitig diagnostiziert und behandelt werden. Überraschenderweise sind sich 30 Prozent der Betroffenen nicht einmal bewusst, dass sie unter Bluthochdruck leiden, geschweige denn, dass sie behandelt werden. Die Therapie erfolgt in der Regel sowohl medikamentös als auch durch Anpassungen des Lebensstils, einschließlich einer ausgewogenen Ernährung und ausreichender körperlicher Aktivität. Nun gibt es jedoch auch Forschungsergebnisse, die nahelegen, dass die Jahreszeiten einen Einfluss auf den Blutdruck haben können. Dies erfordert spezielle Maßnahmen zur Regulation.
Die Studie
Um den Einfluss der verschiedenen Jahreszeiten auf den Blutdruck von Hypertonikern zu untersuchen, haben Wissenschaftler der American Medical Association Daten von 60.676 Personen analysiert. Diese Probanden hatten ein durchschnittliches Alter von 62 Jahren und wurden in sechs verschiedenen Gesundheitseinrichtungen erfasst. In die Untersuchung wurden ausschließlich Hypertoniker einbezogen, die während des gesamten Beobachtungszeitraums keine Änderungen an ihrer Medikation vorgenommen hatten und in dieser Zeit zu jeder Jahreszeit mindestens eine medizinische Einrichtung aufgesucht hatten.
Jahreszeiten und Blutdruck: Höhere Werte im Winter
Die Ergebnisse dieser Analyse waren interessant: Der Blutdruck neigte dazu, in den Wintermonaten höher zu sein als in den wärmeren Monaten. Die Forscher werteten insgesamt 453.787 Arztbesuche aus und stellten fest, dass der systolische Blutdruck im Durchschnitt um 0,47 mmHg höher war als im Jahresdurchschnitt, wenn es kalt war. Im Gegensatz dazu lag der durchschnittliche systolische Blutdruck im Sommer um 0,92 mmHg niedriger. Dies bedeutet, dass der systolische Blutdruck im Verlauf des Jahres um 1,4 mmHg schwankte.
Was besonders interessant und neu war, ist die Tatsache, dass die saisonalen Schwankungen des systolischen Blutdrucks auch den Gesamtblutdruck (systolisch/diastolisch) beeinflussten. Dieser wich im Laufe des Jahres um bis zu 5 Prozent vom als gesund geltenden Wert von 140/90 mmHg ab.
Frühere Studien bestätigen die Erkenntnisse
Es ist nicht das erste Mal, dass Forschungsergebnisse darauf hinweisen, dass das Wetter den Blutdruck beeinflussen kann. Frühere Studien haben bereits gezeigt, dass der Blutdruck im Winter tendenziell steigt und im Sommer abnimmt. Selbst die Raumtemperatur kann offenbar einen Einfluss auf den Blutdruck haben. Eine Studie aus dem Jahr 2021 ergab, dass eine Erhöhung der Raumtemperatur um 10 Grad Celsius – von 18 Grad Celsius auf 28 Grad Celsius – den systolischen Blutdruckwert innerhalb von 20 Minuten signifikant senkte.
Was geschieht im Körper bei kaltem Wetter?
Aber warum hat die Außentemperatur oder die Raumtemperatur einen solchen Einfluss auf Menschen mit Bluthochdruck? Dr. Yu-Ming Ni vom kalifornischen Orange Coast Medical Center erklärt dies auf dem medizinischen Nachrichtenportal „Medical News Today“. Er sagt: „Bei kaltem Wetter kommt es zu einer Vasokonstriktion, das bedeutet, dass sich die Blutgefäße zusammenziehen und der Blutdruck steigt. Wenn man sich hingegen warm fühlt, erweitern sich die Blutgefäße, was zu einer Vasodilatation führt und den Körper abkühlen kann.“
Es ist also ratsam, dass Menschen mit Bluthochdruck besonders in den kalten Wintermonaten ihren Blutdruck im Auge behalten und gegebenenfalls ihre Medikation oder ihren Lebensstil entsprechend anpassen. Weitere Forschung ist sicherlich notwendig, um diese Zusammenhänge besser zu verstehen und möglicherweise noch effektivere Behandlungsansätze zu entwickeln.
Warum kaltes Wetter den Blutdruck beeinflusst
Bei Kälte zieht sich der Körper reflexartig zusammen – nicht nur spürbar an den Gliedmaßen, sondern auch in den Blutgefäßen. Dieses Phänomen nennt sich Vasokonstriktion. Dabei verengen sich die Gefäße, um den Wärmeverlust zu reduzieren. Das bedeutet: Das Herz muss gegen einen höheren Widerstand pumpen, wodurch der Blutdruck ansteigt. Besonders ältere Menschen oder Menschen mit vorbestehender Hypertonie sind davon betroffen. Auch abrupte Temperaturwechsel, etwa beim Verlassen eines warmen Hauses, können den Kreislauf zusätzlich belasten. Wer im Winter draußen unterwegs ist, sollte sich also gut kleiden und abrupte Kältereize vermeiden.
Raumtemperatur als unterschätzter Faktor
Nicht nur das Wetter draußen beeinflusst unseren Kreislauf – auch die Temperatur in Innenräumen kann eine große Rolle spielen. Studien zeigen: Steigt die Raumtemperatur von 18 °C auf 28 °C, kann der systolische Blutdruck innerhalb von 20 Minuten deutlich sinken. Das liegt daran, dass Wärme die Gefäße weitet (Vasodilatation). Für Betroffene bedeutet das: Eine angenehm warme Raumtemperatur kann helfen, Blutdruckspitzen zu vermeiden. Vor allem in Schlafräumen oder während Ruhephasen lohnt sich eine konstante, wohltuende Wärme. Dennoch sollte eine Überhitzung vermieden werden – Idealtemperatur: ca. 21–23 °C.
Medikation im Jahresverlauf prüfen
Viele Hypertoniker sind dauerhaft auf blutdrucksenkende Medikamente angewiesen. Dennoch zeigt sich, dass saisonale Anpassungen unter Umständen sinnvoll sein könnten. Steigt der Blutdruck im Winter regelmäßig an, kann eine Rücksprache mit dem Hausarzt helfen, Dosierungen anzupassen oder zusätzliche Maßnahmen einzuleiten. Wichtig: Selbstständige Änderungen an der Medikation sind gefährlich. Stattdessen sollte eine regelmäßige Kontrolle erfolgen – am besten mit einem Blutdrucktagebuch und Messungen zu verschiedenen Tageszeiten. So können Arzt und Patient gemeinsam auf saisonale Schwankungen reagieren.
Lebensstil gezielt anpassen
Neben Medikamenten spielt der Lebensstil eine entscheidende Rolle bei der Blutdruckregulation. Besonders im Winter neigen viele Menschen zu Bewegungsmangel, kalorienreicher Ernährung und Stress. Dabei sind gerade jetzt regelmäßige Bewegung, ballaststoffreiche Ernährung, salzarme Kost und Entspannungstechniken entscheidend. Schon tägliche Spaziergänge, warmes Gemüse oder das Reduzieren von Alkohol und Nikotin können helfen, Druckspitzen zu vermeiden. Auch Entspannung durch Meditation oder Atemübungen wirkt unterstützend. Ein bewusster Winteralltag wirkt sich also direkt positiv auf die Gefäße aus.
Blutdruck richtig messen – besonders im Winter
Viele Menschen verlassen sich auf sporadische Messungen beim Arzt. Doch gerade bei Bluthochdruck ist regelmäßige Eigenkontrolle entscheidend – besonders in der kalten Jahreszeit. Moderne Blutdruckmessgeräte für Zuhause ermöglichen exakte Werte zu verschiedenen Tageszeiten. Wichtig: Immer zur gleichen Zeit, in ruhigem Zustand, im Sitzen messen. Ideal sind zwei Messungen pro Tag – morgens und abends. Wer Werte dokumentiert, kann Veränderungen frühzeitig erkennen und gegensteuern. Eine begleitende App kann dabei zusätzlich helfen, den Überblick zu behalten.