Reninhemmer – Wirkung und Anwendung
Reninhemmer sind eine vergleichsweise neue Klasse von blutdrucksenkenden Medikamenten, die gezielt das Enzym Renin blockieren und so die Bildung von blutdrucksteigerndem Angiotensin II verhindern. Seit der Zulassung von Aliskiren im Jahr 2007 stehen Patienten mit Hypertonie neue Therapiemöglichkeiten zur Verfügung. Im Gegensatz zu ACE-Hemmern und AT-II-Blockern greifen Reninhemmer früher in das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) ein, wodurch sie eine einzigartige Wirkweise besitzen. Doch wie genau funktionieren Reninhemmer, für wen sind sie geeignet, und welche Vor- und Nachteile bieten sie im Vergleich zu anderen Antihypertensiva? Dieser Artikel liefert eine umfassende Übersicht über ihre Wirkweise, Anwendung, Nebenwirkungen und erhältliche Präparate.
Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste in Kürze:
- Wirkmechanismus – Reninhemmer blockieren direkt das Enzym Renin und verhindern die Bildung von Angiotensin I und II, was den Blutdruck senkt.
- Vergleich mit ACE-Hemmern & AT-II-Blockern – Im Gegensatz zu diesen wirken Reninhemmer auf einer früheren Stufe des RAAS.
- Einnahme & Wirkung – Die Wirkung hängt von der Nahrungsaufnahme ab; fettreiche Mahlzeiten können die Aufnahme reduzieren.
- Nebenwirkungen & Kontraindikationen – Häufige Nebenwirkungen sind Durchfall, Husten und Müdigkeit; ungeeignet für Patienten mit Nierenproblemen oder Diabetes.
- Erhältliche Präparate – Aliskiren ist der bekannteste Wirkstoff; verschiedene Hersteller bieten Präparate mit unterschiedlichen Dosierungen und Zusatzstoffen an.
Was sind Reninhemmer?
Das RAAS (Renin-Angiotensin-Aldosteron-System) reguliert den Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt im Körper und beeinflusst damit ganz entscheidend den Blutdruck. Das RAAS besteht aus verschiedenen Komponenten, die alle in einer engen Wechselbeziehung zueinanderstehen. Renin ist in diesem Prozess ein wichtiges Enzym, welches in den Nieren produziert wird. Es spaltet Angiotensinogen in Angiotensin I, welches im weiteren Ablauf des RAAS in Angiotensin II überführt wird.
Das Angiotensin II bewirkt eine vermehrte Ausschüttung des Hormons Aldosteron, welches für eine Rückhaltung von Natrium und Wasser in der Niere sorgt. Angiotensin II wirkt sich blutdruckerhöhend aus, da es in diesem Kreislauf für eine Verengung der Blutgefäße und eine Steigerung des Volumens innerhalb der Gefäße sorgt. Reninhemmer binden sich an das Enzym Renin und verhindern so die Umwandlung von Angiotensinogen in Angiotensin I.
Wie wirken Reninhemmer?
Das Hormon Aldosteron wird auch als „Salzhormon“ bezeichnet, denn es beeinflusst den Flüssigkeitshaushalt des Körpers und damit auch Natrium- und Kaliumhaushalt nachhaltig. Daher beeinflusst Aldosteron auch den Blutdruck.
In der Niere wird Natrium zurückgehalten und mit dem Urin wird Kalium ausgeschieden. Ein Reninhemmer wirkt auf das Hormon Renin ein und sorgt so dafür, dass weniger Natrium in der Niere zurückgehalten wird und somit weniger Kalium mit dem Urin ausgeschieden wird. Dabei gilt es je nach Präparat zwischen Reninhemmern zu unterscheiden, die das gesamte RAAS-System blockieren und denen die lediglich die Produktion des Hormons Renin beeinflussen. Letztere sind erst seit 2007 auf dem Markt und gelten daher als die jüngste Generation der Reninhemmer.
Diese Präparate hemmen selektiv nur das Enzym Renin und verhindern so die Umwandlung von Angiotensinogen in Angiotensin I. Daher fällt der Angiotensin II Spiegel sowie der Spiegel von Aldosteron ab. Die Reninkonzentration nimmt zwar unter der Einnahme von Reninhemmern zu, doch die Aktivität des Renins nimmt ab. Diese Wirkungsweise ist der größte Unterschied zwischen Reninhemmern und ACE Hemmern oder AT II Blockern.
Wann sind Reninhemmer die beste Wahl?
Reninhemmer werden primär bei Patienten mit essentieller Hypertonie eingesetzt, insbesondere wenn andere blutdrucksenkende Medikamente nicht ausreichend wirken oder unverträglich sind. Besonders bei Patienten mit überaktivem RAAS können Reninhemmer eine gezieltere Therapieoption darstellen. Studien zeigen, dass Aliskiren bei Patienten mit primärem Hyperaldosteronismus oder reninabhängiger Hypertonie effektiv sein kann.
Jedoch gibt es Einschränkungen: Patienten mit Diabetes mellitus oder eingeschränkter Nierenfunktion sollten keine Reninhemmer einnehmen, da dies das Risiko für schwerwiegende Nebenwirkungen, insbesondere Hyperkaliämie, erhöht. Ebenso sollte die Kombination mit ACE-Hemmern oder AT-II-Blockern vermieden werden, da sie das Risiko für Nierenversagen oder Angioödeme steigern kann.
Ein weiterer Aspekt ist die schlechte Resorption von Aliskiren, wenn es mit fettreichen Mahlzeiten eingenommen wird. Daher sollte die Einnahme idealerweise auf nüchternen Magen oder mit einer leichten Mahlzeit erfolgen, um die bestmögliche Wirkung zu gewährleisten.
Vergleich der Blutdrucksenker: Reninhemmer vs. ACE-Hemmer vs. AT-II-Blocker
Merkmal | Reninhemmer (Aliskiren) | ACE-Hemmer (z. B. Ramipril) | AT-II-Blocker (z. B. Candesartan) |
---|---|---|---|
Wirkungsweise | Blockiert Renin direkt | Hemmt die Umwandlung von Angiotensin I zu II | Blockiert die Wirkung von Angiotensin II |
Wirkungsstärke | Mittel bis stark | Stark | Mittel bis stark |
Häufige Nebenwirkungen | Durchfall, Müdigkeit, Husten | Trockener Husten, Hyperkaliämie | Kopfschmerzen, Schwindel |
Nierenverträglichkeit | Nicht empfohlen bei Niereninsuffizienz | Kann Nierenfunktion beeinträchtigen | Bessere Nierenverträglichkeit |
Empfohlen für | Patienten mit überaktivem RAAS | Patienten mit Herzinsuffizienz oder Diabetes | Patienten mit ACE-Hemmer-Unverträglichkeit |
Diese Tabelle hilft Patienten und Ärzten, die beste Behandlungsoption je nach individueller Situation zu wählen.
Erweiterung: Neue Studien & Entwicklungen
Die Forschung zu Reninhemmern geht weiter, und neuere Studien untersuchen ihren Nutzen in Kombination mit anderen Medikamenten. Während sie derzeit nur eine Nischenanwendung finden, könnten Weiterentwicklungen in der Formulierung ihre Bioverfügbarkeit verbessern. Auch Kombinationstherapien mit Diuretika oder Calciumkanalblockern sind vielversprechend, um eine bessere Blutdruckkontrolle zu erreichen.
Gleichzeitig wird an neuen Substanzen geforscht, die eine noch selektivere Hemmung des RAAS ermöglichen. Diese könnten in Zukunft eine größere Rolle in der Hypertoniebehandlung spielen. Aktuelle klinische Studien werden den Langzeitnutzen und die Sicherheit weiter untersuchen.
Die Anwendung von Reninhemmern
Reninhemmer kommen vornehmlich bei einer Hypertonie in Frage, die dadurch zustande kommt, dass die Nebenniere zu viel Aldosteron produziert. Von dieser Form der Hypertonie ist rund die Hälfte aller Blutdruckpatienten betroffen. Bei einer weiteren Form der Hypertonie, die mit Reninhemmern behandelt werden, produziert die Hypophyse (Hirnanhangdrüse) zu viel CTH (adrenocorticotropes Hormon). Dieses regt wiederum die Nebenniere zu einer vermehrten Bildung von Aldosteron an, die durch die Einnahme von Reninhemmern reguliert werden kann, sodass sich der Blutdruck senkt.
Reninhemmer müssen zur Blutdrucksenkung regelmäßig eingenommen werden. Die Einnahme sollte möglichst immer zur gleichen Tageszeit erfolgen. Dabei gilt es zu beachten, dass der Wirkstoff weniger gut vom Körper aufgenommen wird, wenn die Nahrung besonders fettreich ist. Fettreiche Nahrungsmittel sollten daher unter der Einnahme von Reninhemmern nur in Maßen zu sich genommen werden.
Reninhemmer sind aufgrund ihrer vom Fettgehalt der Nahrung abhängigen Verfügbarkeit für den Körper eine relativ schlecht steuerbare Substanz zur Blutdrucksenkung und werden daher häufig in Kombination mit anderen blutdrucksenkenden Präparaten verabreicht.
Die Nebenwirkungen von Reninhemmern
Reninhemmer beeinflussen den Flüssigkeits- und Enzymhaushalt des Körpers und wirken sich blutdrucksenkend aus. Dennoch kann es zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen. Zu den am häufigsten vorkommenden Nebenwirkungen gehören Diarrhöen. Bislang konnten bei klinischen Tests zur Verträglichkeit von Reninhemmern zwar keine Schleimhautveränderungen im Dickdarm der Patienten festgestellt werden, doch ist bis heute medizinisch noch nicht abschließend nachgewiesen, dass Reninhemmer sich nicht negativ auf die Dickdarmschleimhaut auswirken könnten.
Eine weitere mögliche Nebenwirkung von Reninhemmern ist Husten. Zwar tritt unter der Einnahme von Reninhemmern Husten seltener auf, als etwa bei der Einnahme von ACE Hemmern, werden beide jedoch in Kombination eingenommen, gehört ein unerwünschter Husten zu den häufig vorkommenden Nebenwirkungen von Reninhemmern. Weitere Nebenwirkungen von Reninhemmern können sein:
- Übelkeit, Erbrechen
- Müdigkeit
- Kopfschmerzen
- Infektionen der oberen Atemwege
- Rücken- und Gelenkschmerzen
- Allergien
Bei Diabetes mellitus, Angioödemen und einer beeinträchtigten Nierenfunktion sollte von einer Einnahme vom Reninhemmern grundsätzlich abgesehen werden. Auch Jugendliche und Schwanger sollte auf die Einnahme verzichten.
Welche Präparate gibt es?
Reninhemmer beinhalten die Substanz Alisikiren. Ursprünglich wurde das Präparat zur Senkung des Blutdrucks in den USA von dem Hersteller Novartis unter dem Namen Rasilez auf den Markt gebracht. Nachdem das Präparat zunächst auf dem amerikanischen Markt zugelassen wurde, kam es schon bald auch auf den europäischen Markt. Mittlerweile sind diverse Medikamente mit dem Wirkstoff oder dem Bestandteil Aliskiren von verschiedenen Herstellern hinzugekommen. Weitere Herstellerfirmen sind:
- Axicorp Pharma
- Berangena Arzneimittel
- CC-Pharma
- Eurim-Pharm Arzneimittel
- European Pharma
- kohlpharma
- Milinda
- Orifarm
Insgesamt gibt es derzeit 45 verschiedene Präparate auf dem Markt, die sich in der Dosierung von Aliskiren oder/und dem Zusatz weiterer Wirkstoffe unterscheiden.
Quellen:
- Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM): „Renin-Angiotensin-(Aldosteron-)System (RAS/RAAS) beeinflussende Arzneimittel: Umsetzung des Durchführungsbeschlusses der EU-Kommission“ https://www.bfarm.de/SharedDocs/Risikoinformationen/Pharmakovigilanz/DE/RV_STP/m-r/ras-stp.html
- Ärzte Zeitung: „Renin-Hemmer überzeugt in Studien zu Bluthochdruck“ https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Renin-Hemmer-ueberzeugt-in-Studien-zu-Bluthochdruck-389645.html
- Pharmazeutische Zeitung: „Aliskiren: Weiter Weg zum ersten Renin-Inhibitor“ https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-362007/weiter-weg-zum-ersten-renin-inhibitor/
- Cochrane Library: „Inhibitoren des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems im Vergleich zu anderen Arzneimitteln gegen Bluthochdruck“ https://www.cochrane.org/de/CD008170/HTN_inhibitoren-des-renin-angiotensin-aldosteron-systems-im-vergleich-zu-anderen-arzneimitteln-gegen
- PubMed Central: „Blockierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems“ https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC8382107/
FAQs:
Welche Blutdrucksenker sind Reninhemmer?
Reninhemmer, auch bekannt als Renin-Inhibitoren, sind eine Klasse von Blutdrucksenkern, die direkt die Aktivität des Enzyms Renin blockieren. Dies führt zur Senkung des Angiotensin I, was letztlich den Blutdruck senkt. Ein Beispiel für einen Reninhemmer ist Aliskiren.
Welche Medikamente sind Reninhemmer?
Zu den Medikamenten, die als Reninhemmer klassifiziert werden, gehört Aliskiren (Handelsname Tekturna oder Rasilez). Es ist derzeit der prominenteste Vertreter dieser Wirkstoffklasse.
Ist Candesartan ein Reninhemmer?
Nein, Candesartan ist kein Reninhemmer. Es ist ein Angiotensin-Rezeptor-Blocker (ARB), der an die Stelle von Angiotensin II bindet und dessen blutdrucksteigernde Wirkung verhindert.
Was ist Renin und was bewirkt es?
Renin ist ein Enzym, das von den Nieren ausgeschüttet wird und eine zentrale Rolle im Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) spielt. Es initiiert eine Kaskade von Reaktionen, die zur Bildung von Angiotensin II führen, einem starken Vasokonstriktor, der den Blutdruck erhöht.
Welche Reninhemmer gibt es?
Der bekannteste Reninhemmer ist Aliskiren. Da diese Klasse von Medikamenten relativ neu ist, sind die Optionen im Vergleich zu anderen Antihypertensiva wie ACE-Hemmern oder Betablockern begrenzter.
Wie beeinflusst Renin den Blutdruck?
Renin beeinflusst den Blutdruck durch die Umwandlung von Angiotensinogen, einem in der Leber gebildeten Protein, in Angiotensin I. Angiotensin I wird dann weiter zu Angiotensin II konvertiert, welches die Blutgefäße verengt und somit den Blutdruck erhöht. Reninhemmer unterbrechen diesen Prozess, indem sie die Bildung von Angiotensin I verhindern, was zu einer Senkung des Blutdrucks führt.